Sie sind in Deutschland geboren, sie gehen hier zur Schule, sie werden hier arbeiten und leben. Dennoch antworten junge Frankfurter, deren Eltern oder Großeltern nach Deutschland eingewandert sind, auf die Frage nach ihrem Heimatland mit „Jordanien“, oder „Türkei“. Die Identifikation mit ihrer Heimat Deutschland zu stärken ist das Ziel des Projektes „Kenne Dein Land“ des Jugendtreffs „Kosmos“.
15 Jugendliche aus Einwandererfamilien treffen sich seit dem Herbst regelmäßig im „Kosmos“ in Sossenheim, dem internationalen Jugendtreff des deutsch-türkischen Jugendwerks (dtjw). Der Leiter des Jugendhauses und Erfinder des Projekts „Kenne Dein Land“ ist Mikel White, Sozialarbeiter deutsch-afroamerikanischer Herkunft und vor vielen Jahren selbst Kosmos-Besucher – als er noch Boss einer Stadtteilgang war. Heute ist Mikel die zentrale Figur im seit fast 25 Jahren erfolgreich arbeitenden Jugendhaus.
„Integration ist, wenn Du Bescheid weißt“, erklärt er die Idee für das neue Projekt, in dem 15 junge Frankfurter aus Einwandererfamilien die Vorzüge und Besonderheiten ihrer tatsächlichen Heimat Deutschland kennen lernen sollen.
Als nächstes steht in diesem Rahmen etwas ganz Besonderes an: Die Projektteilnehmer machen sich auf den Weg nach Hamburg, Deutschlands „Tor zur Welt“. Die Reise findet am kommenden Wochenende vom 26. – 28. Januar statt. Hier werden sie die Stadt und den Hafen besichtigen, die Geschichte des Seehandels und Hamburg als Auswanderungshafen im 19. Jahrhundert kennen lernen, als es viele Deutsche nach Amerika zog. Industrie und Technik als zentrale Faktoren für Deutschland sind weitere Themen, die bei allen Reisen des Projektes näher beleuchtet werden. Zur Entspannung zwischendurch stehen Besuche im Miniaturwunderland und im Schokoladenmuseum auf dem Programm.
„Wir haben den Eindruck, dass das Gefühl der Fremdheit im eigenen Land vielfach einfach als Familiengeschichte weitergegeben wird. Wenn unsere Jugendlichen ein zufriedenes und erfolgreiches Leben in Deutschland führen sollen, müssen sie hier zuhause sein. Das ist der Grundgedanke des Projekts“, erklärt der dtjw-Geschäftsführer Hüseyin Ayvaz.
Und so stehen bis Juni 2018 noch einige weitere Reisen auf dem Programm, es soll in alle vier Himmelsrichtungen und bedeutende deutsche Städte gehen. Dazwischen sind die Treffen prall gefüllt mit Diskussionen, Quizspielen oder Lernaufgaben rund um Deutschland, seine Geschichte und Gegenwart. Bei einer Fragebogenaktion zum Projektbeginn hat Mikel White festgestellt, dass spontan keiner der Jugendlichen Deutschland als sein Heimatland empfindet – und dass kaum jemand mehr über Deutschland weiß als aus seinem unmittelbaren Umfeld hervorgeht. „Beides wollen wir ändern, denn wir denken, das eine hängt mit dem anderen zusammen“, sagt White.
Spaß sollen die jungen Teilnehmer natürlich auch haben, das gehört bei Kosmos dazu. So stehen auch sportliche Aktionen und Spiele auf dem Programm, die auch den Zusammenhalt der Gruppe fördern. „Hamburg wird bestimmt einer der Höhepunkte“, freut sich White auf die Reise.
Neben dtjw und Kosmos ermöglicht das Projekt die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main. Die Stiftung weiß, dass ihr Geld beim Kosmos in guten Händen ist: Mikel White war vor Jahren einer der ersten „StadtteilBotschafter“ der Stiftung.
Und die Jugendlichen? „Mit Kosmos ist es immer super“, sagt Naima (16). Die Kosmos-Mitarbeiter seien Leute, auf die man sich immer verlassen könne, ist die einhellige Meinung von ihr und den übrigen Projektteilnehmern. „Und natürlich wollen wir mehr von Deutschland sehen und wissen“, ergänzt die 14-Jährige Lilian. „Ich glaube nicht, dass ich jemals im Herkunftsland meiner Familie leben werde. Ich bleibe doch in Deutschland.“